Vertrieb ist kein Hexenwerk und dennoch will guter Sales gelernt sein. Um ein Produkt leidenschaftlich zu vertreten und in großer Menge zu verkaufen, müssen verschiedenste Dinge beachtet, gelernt und gelebt werden.
Ein erfolgreicher Sales- und Pipeline-Aufbau ist mitunter der wichtigste Faktor für ein Start-up. Denn nur wer eine Vielzahl an Kunden und wiederkehrende Umsätze hat, kann nachhaltig wachsen und skalieren.
Es lohnt sich also für Investoren und Investorinnen, einen genauen Blick auf das Sales-Team des Start-ups zu werfen und dieses im Blick zu behalten. Eine alte Sales-Weisheit besagt, dass nicht jeder, der am lautesten am Markt schreit, am Ende auch die meisten Äpfel verkauft.
Wir zeigen in diesem Artikel fünf einfache Fragen, die Business Angels stellen können, um einen genaueren Einblick in den Status-Quo des Start-up-Vertriebsteams zu bekommen.
Können Gründer ad-hoc wichtige Zahlen nennen?
Als Investor oder Investorin möchte man die Gewissheit haben, jederzeit eine faktenbasierte Antwort zu bekommen, wenn man sein Start-up nach der aktuellen Sales Performance fragt. Es ist wichtig, dass das Gründerteam Hoheit über seine Zahlen hat und ad-hoc weiß, wie viel Umsatz diesen Monat bereits generiert wurde. Gründer, die über ihre aktuelle Performance Bescheid wissen, können negative Entwicklungen frühzeitig erkennen und dementsprechend gegensteuern. Monatliche, schön aufbereiteten Excel-Sheets und Reportings sind zwar hilfreich, um regelmäßig einen Überblick zu erhalten, es ist jedoch nur schwer festzustellen, ob die Zahlen erst mühsam aufbereitet und zusammengetragen werden müssen oder dies automatisiert passiert. Können Founder in einem spontanen Telefongespräch alle wichtigen KPIs nennen, ohne den Investor oder die Investorin vertrösten zu müssen, ist das ein gutes Zeichen.
Wird in Sales & Marketing investiert oder fließen alle Ressourcen in das Produkt?
Ganz klar, am Anfang ist ein funktionierendes Produkt das Wichtigste! GründerInnen sollte aber bereits in der Frühphase daran denken, in Marketing & Sales zu investieren. Wer immer nur an der Perfektion seiner Innovation feilt, wird schnell feststellen: Es fehlt an Umsatz! Eine gute Idee ist zwar die Grundlage eines jeden Start-ups, kann aber allein keine Gewinne erzielen.
Marketing und Vertrieb sollten Hand in Hand gehen, da beide wechselseitig voneinander profitieren. Hat ein Start-up all diese Bereiche im Blick und investiert gleichermaßen in den weiteren Ausbau dieser Abteilungen, steht einer erfolgreichen Zukunft wenig im Weg.
Welche Anforderungen werden an das Sales-Team gestellt?
Nicht umsonst ist die Fluktuation unter Sales Mitarbeitern in Start-ups überdurchschnittlich hoch. Oft fehlt es an einer ordentlichen Aufstellung über Anforderungen, Erwartungen und Möglichkeiten. Ein klar definierter Arbeitsauftrag mit motivierenden Zielen und Erklärungen, was es benötigt, um den nächsten Karriereschritt zu machen, ist ein guter Anfang. Auch die konkreten Erwartungshaltungen in Bezug auf Umsatz oder anderen KPIs sollten transparent mit den Mitarbeitern geklärt werden.
Zudem ist es enorm wichtig, in die Weiterentwicklung des Sales Teams zu investieren. Sales ist ein Handwerkszeug, dass es zu erlernen und stetig weiterzuentwickeln gilt. Hat ein Start-up eine geringe Fluktuation im Sales-Team, ist das ein gutes Zeichen.
Wird der Unterschied zwischen Gründer Sales und „echtem“ Sales verstanden?
Auch wenn ein Gründer oder eine Gründerin keine Erfahrung im Vertrieb hat, so wird er oder sie dennoch gute Umsätze erzielen. Warum, ist einfach zu erklären: Gründer werden von ihrer Euphorie und Überzeugung für ihr Produkt getragen. Natürlich verkauft sich eine leidenschaftliche Gründerstory im ersten Schritt. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn diese kann nicht einfach auf das Sales-Team umgelegt werden. Diese Geschichte zieht nur bei den Gründern selbst. Das Sales-Team muss mit Expertenwissen und funktionierenden Vertriebsmethoden die Kunden gewinnen.
Gründer-Sales beschränkt sich in erster Linie auf das eigene Netzwerk und Umfeld. Irgendwann ist das Netzwerk ausgeschöpft, daher sollte man hier aufpassen, dass man sich nicht von Bestandskunden abhängig macht. InvestorInnen sollten darauf achten, dass schon frühzeitig damit angefangen wird, eine strategische Pipeline aufzubauen.
Wird das Produkt zu einem angemessenen Preis verkauft und gibt es eine Rabattregelung?
Ein Produkt, das funktioniert und einen gewissen Mehrwert bietet, hat seinen Preis – und das ist auch gut so! Denn es fließen viele Ressourcen, Gedanken und Entwicklungsstufen ein, die Geld kosten. Business Angels sollten sich daher unbedingt die Sales-Strategie ihrer Start-ups ansehen und sich erkundigen, wie stark das Produkt in Verkaufsgesprächen rabattiert wird.
Natürlich hat das Vertriebsteam einen gewissen Spielraum, es sollten jedoch keinesfalls zu hohe Rabatt vergeben werden. Die Gründe sind einfach: Natürlich kann mit Rabatten in kurzer Zeit mehr Umsatz generiert werden, man läuft jedoch Gefahr, dass der rabattierte Preis zum neuen Referenzpreis wird. Kunden, die mit Rabatten verwöhnt werden, werden nur in den seltensten Fällen wieder zum regulären Preis kaufen.
Ein weiterer Punkt ist, dass Start-ups sich hier schnell die eigene Produkt-Credability zerstören können. Ein Beispiel: einem potenziellen Kunden wird in mehreren Sales-Gesprächen von dem Mehrwert des Produktes vorgeschwärmt, am Ende geht der Seller dann plötzlich mit dem Preis herunter – so etwas kann an der Funktionsfähigkeit und dem tatsächlichen Mehrwert des Produktes zweifeln lassen. Es kann sich also für InvestorInnen lohnen, einen genauen Blick auf die Rabattstrategie des Start-ups zu werfen und diese zu hinterfragen!
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Fallen die meisten dieser Antworten auf die oben genannten Fragen positiv aus, ist das ein guter Indikator dafür, dass ein Start-up auf dem richtigen Weg ist, den Vertrieb nachhaltig aufzubauen. Kein Start-up ist perfekt und es gibt immer etwas, dass verbessert werden kann. Zeigen sich Gründer motiviert und sind bereit Sales Prozesse zu optimieren oder umzustrukturieren, steht dem erfolgreichen Vertrieb nichts im Wege.